Was NFTs sind und wieso deren teils astronomischen Preise (manchmal) sogar zu erklären sind

   geschrieben von Lidia Kurt    |      21. September 2022

Was sind NFTs?

Menschen besitzen heute bereits eine Vielzahl von digitalen Wertgegenständen – auf iTunes heruntergeladene Lieder, Vergünstigungscoupons auf der Lidl Plus App, digitale Tickets für ein anstehendes Konzert, eine Aura-Skin im Fortnite-Account oder das Recht an der eigenen Domain www.miaundfreddy.com. Wir besitzen solche werthaltigen Gegenstände heute, aber wirklich darüber verfügen können wir oft nicht. In der Regel kann man die Gegenstände nur innerhalb der vorgegebenen Umgebung aufbewahren, man kann sie nicht frei transferieren oder gar weiterverkaufen. Zudem besteht jeweils das Problem, dass man nicht sicherstellen kann, dass der Verkäufer noch eine Kopie des digitalen Wertgegenstandes besitzt oder den Gegenstand gar mehrmals verkauft hat. Non-Fungible Tokens, oder abgekürzt NFTs, lösen dieses Problem.

NFTs sind Tokens, welche einen Eigentumsanspruch an spezifischen Elementen repräsentieren. Der Eigentumsanspruch wird dabei auf der Blockchain abgebildet. Die Elemente, deren Eigentumsanspruch geregelt wird, können digitale Wertgegenstände (Dateien wie eine mp3-Datei oder ein JPEG-Bild, digitale Wertcoupons, Gegenstände innerhalb von Games, Domains, etc.) oder auch physische Gegenstände (ein Gemälde, ein Kleidungsstück, ein Haus, etc.) sein. Essenziell dabei ist lediglich, dass sie «nicht fungibel» sind. Das Gegenteil – fungible Elemente – sind Elemente, welche durch andere Elemente der gleichen Klasse austauschbar sind. Das Paradebeispiel dafür sind Währungen: Ich kann einen 10-Euroschein beliebig durch einen anderen austauschen oder ihn in zwei 5-Euroscheine tauschen – an der Werthaltigkeit ändert sich dabei nichts. Dasselbe ist der Fall bei der Kryptowährung Bitcoin, dessen Einheiten vollständig fungibel und somit austauschbar sind. Nicht fungible Elemente sind dagegen einzigartig: Es ist ein Unterschied, ob ich die Domain www.miaundfreddy.com oder die Domain www.miaohnefreddy.com besitze. Das 5-Zimmerhaus in der Berliner Agglomeration ist nicht gegen fünf Studios in der Innenstadt austauschbar. Solche Wertgegenstände sind einzigartig und damit nicht fungibel.

Fungibilität ist relativ

Es gibt auch einen Zwischenbereich, denn Fungibilität ist immer relativ: Ein Konzertticket kann beispielsweise in 10’000-facher Ausführung ausgestellt werden. Beziehen sich die Tickets auf einen bestimmten Sitzplatz, sind sie nicht fungibel. Gibt es jedoch einen Stehplatzbereich, so sind diese Stehplatztickets für dasselbe Konzerte untereinander fungibel. Gibt eine Band einen neuen Song heraus, so will sie dieselbe mp3-Datei an mehrere Personen verkaufen können. Eine Fortnite-Ausrüstung kann in limitierter Auflage ausgegeben werden. Das sind Beispiele, von Wertgegenständen, welche zwar nicht einzigartig, aber in limitierter Auflage vorhanden sind. Es ist möglich, auch diese Ausgestaltungsvariante als NFTs auszugeben. Wenn mehrere Elemente des gleichen Typs als NFT ausgegeben werden, ist jedoch jedes Element (z.B. Konzertticket, mp3-Datei, Fortnite-Ausrüstung) ein eigener NFT.

Ein NFT hat jeweils nur einen Eigentümer – wobei der «Eigentümer» in diesem Sinne eine Adresse auf der Blockchain ist. Da der Eigentumsanspruch auf der Blockchain abgebildet ist, kann er nicht manipuliert werden. Eigentümer von NFTs können somit stets ihren Anspruch beweisen, sie können vollständig über das Eigentum verfügen (da dieser bei ihnen selbst aufbewahrt ist) und sie können es frei an jemand anderen transferieren bzw. verkaufen.

Vorteile von NFTs

NFTs bieten für den Eigentümer viele Vorteile, insbesondere die Beweisbarkeit und Nichtveränderbarkeit des Eigentumsanspruchs sowie die Transferierbarkeit dieses Anspruchs. Der Urheber der NFTs bzw. des unterliegenden Werkes kann sich als Urheber ausweisen, die Auflage des Werkes bestimmen und seine Entschädigungsposition verbessern. NFTs können so erweitert werden, dass sie neben dem Eigentumsanspruch weitere Informationen oder sogar automatische Prozesse integriert haben. So können beispielsweise Anweisungen gespeichert werden, dass unter bestimmten Bedingungen gewisse Aktionen eintreten (z.B. Ausschüttung an Urheber). Es gibt zudem vermehrt Projekte welche NFTs mit DeFi Anwendungen kombinieren. Nicht nur ist es denkbar, dass NFTs als Sicherheit bei Leihplattformen verwendet werden, sondern auch das NFTs fraktioniert werden. Das bedeutet, dass es pro NFT nicht mehr nur einen Eigentümer geben muss, sondern dass eine Gemeinschaft geteilter Eigentumsanspruch an einem Gegenstand erhält.

Die Wertentwicklung von NFTs

NFTs können je nach unterliegendem Gegenstand eine Wertentwicklung erfahren. Dass gewisse Sammelstücke astronomische Summen generieren, liegt nicht an der NFT Technologie, sondern an der Charakteristik des Sammlermarktes. Das Beeple Kunstwerk wie auch der erste Tweet gelten als zeitgeschichtlich äusserst relevante Meilensteile und erzielen deshalb hohe Verkaufserlöse. Das ist ein Phänomen, welches aus dem Markt für traditionelle Sammlerstücke bereits bekannt ist. Anders als im traditionellen Markt handelt es sich im NFT-Markt jedoch oft um digitale Werke. Kritiker argumentieren, dass digitale Werke einfach dupliziert und massenweise kopiert werden können. Dem gilt es entgegenzuhalten, dass auch in der traditionellen Welt Werke standardmässig kopiert und weiterverbreitet werden. Es werden oft Nachbildungen von bekannten Kunstwerken für den Massenmarkt verkauft, ohne dass die Besitzer von diesen behaupten es seien die Originale. Der Besitz eines Originalwerks hat einen zusätzlichen Wert, auch wenn optisch dasselbe ersichtlich ist. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, wieso das in der digitalen Welt anders sein soll. Klar kann der erste Tweet von jedem angesehen und kopiert werden, aber nur eine Person verfügt über das Original. NFTs helfen dabei, klarzustellen, ob es sich bei der digitalen Datei um eine Kopie oder um das ursprüngliche digitale Werk handelt. NFTs helfen jedoch nicht dabei, einzuschränken, dass eine digitale Datei kopiert und weiterverbreitet wird.

1 Kommentar

Nick 27. Oktober 2022 - 20:45

Gute Zusammenfassung, danke!

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