Eine kurze Einführung in Decentralized Finance (DeFi)

   geschrieben von Neilton Meewes    |      6. Januar 2023

Das Gebiet von Decentralized Finance (DeFi) beschreibt Finanzanwendungen, welche auf Smart Contract Plattformen basieren und somit dezentral aufgebaut sind. Dadurch werden traditionelle Finanzintermediäre ausgelassen und ein Finanzsystem gebaut, welches offener, sicherer, transparenter und flexibler sein kann. In der DeFi Welt übernehmen Smart Contracts ursprünglich von traditionellen Finanzinstituten wahrgenommene Tätigkeiten, wie beispielsweise das Aufbewahren von Vermögenswerten oder das Abwickeln von Transaktionen.

DeFi konkurrenziert damit die aktuelle Finanzinfrastruktur, im Vergleich auch «Centralized Finance» (CeFi) genannt. DeFi grenzt sich insbesondere durch folgende Unterschiede vom durch zentralisierte Institutionen organisierte Finanzsystem ab:

  • Frei zugänglich: 1.7 Milliarden Menschen besitzen nach wie vor kein Bankkonto. DeFi Anwendungen sind für jeden zugänglich («permissionless»).
  • Global: Das heutige Finanzsystem muss sich regulatorisch bedingt stark an Landesgrenzen orientieren. DeFi Anwendungen wurden vom ersten Tag an global aufgebaut und genutzt.
  • Transparent: Die Smart Contracts sind vollständig öffentlich zugänglich. Deren Funktionsweise kann von jedem mit entsprechendem Wissen geprüft werden.
  • Modular: Die verschiedenen DeFi Anwendungen sind als Bausteine gebaut, die frei miteinander verbunden und beliebig weiterentwickelt werden können. Diese Lego-artige Eigenschaft wird auch als «interoperabel» bezeichnet.
  • Effizient: Durch die Ausschaltung von Intermediären und die automatisierte Abwicklung der Vorgänge können die Finanzdienstleistungen schneller und teilweise kostengünstiger abgewickelt werden.
  • Kein Vertrauenserfordernis: Das heutige Finanzsystem erfordert Vertrauen in zentralisierte Institutionen, wie Banken und Börsen, und deren Kredit- und Vertrauenswürdigkeit. DeFi Anwendungen basieren auf öffentlichen Protokollen, deren Funktionsweise vollständig geprüft werden kann. Aufgrund der experimentellen Phase, in der wir uns aktuell befinden, ist auch ein Vertrauen in die Entwickler von DeFi Anwendungen notwendig und der Kontrolle von Smart Contracts kommt besondere Bedeutung zu. Wenn DeFi jedoch in Zukunft sein volles Potential ausschöpfen kann, würden wir über eine Finanzinfrastruktur verfügen, die kein Vertrauen in Finanzintermediäre mehr benötigt («trustless»).

Digitale Assets brauchen eine Infrastruktur, damit sie sinnvoll werden. Sie müssen beispielsweise aufbewahrt, gehandelt, gesendet, ausgeliehen oder beliehen werden können. Die Infrastruktur, um dies zu tun, kann von zwei Seiten kommen: Entweder wird die existierende Finanzmarktinfrastruktur angepasst, um den technischen Erfordernissen für digitale Assets zu genügen. Oder aber die Finanzmarktinfrastruktur wird völlig neu gebaut. DeFi beschäftigt sich mit Letzterem. Um das Feld der digitalen Assets und der Tokenisierung zu verstehen, braucht es ebenfalls ein Verständnis der DeFi Welt. Denn sie bringt spannende Alternativen, dort wo die traditionelle Finanzwelt an ihre Grenzen stösst.

Die Anwendungen sind äusserst vielschichtig und zeigen das immense Potential des DeFi Bereichs auf. Folgenden Kategorien fallen in den Bereich DeFi – wobei diese Liste in Zukunft weiter wachsen kann:

  • Stablecoins: Digitale Währungen mit tiefer Volatilität, dessen Preisschwankung an eine andere Währung (z.B. USD) oder einen Rohstoff (z.B. Gold) gekoppelt ist.
  • Handel: Dezentrale Handelsplätze für den Handel von digitalen Assets.
  • Leihen & Ausleihen: Dezentrale Systeme, um Kredite zu gewähren und Zinsen zu verdienen oder als Gegenpartei Kredite aufzunehmen.
  • Anlegen: Blockchain-basierte Anwendungen, welche es erlauben, digitale Assets als Investment zu halten, diese zu einem Investmentprodukt zu kombinieren oder anderen zur Investition anzubieten.
  • Derivate: Digitale Vermögenswerte, deren Wertentwicklung auf einem unterliegenden Asset oder Ereignis basieren und dezentral gebaut sind.
  • Emissionen: Dienstleistungen, welche es jedermann vereinfacht ermöglichen, digitale Assets auszugeben.
  • Versicherungen: Dezentrale Systeme, um spezifische Risiken abzusichern und bei Risikoeintritt eine Zahlung zu erhalten.
  • Identität & Daten: Blockchain-basierte Dienstleistungen, um Personendaten und Identifizierungen zu verwalten – unter anderem, um regulatorische KYC («Know Your Customer») Richtlinien erfüllen zu können.

Die folgende Abbildung zeigt die Kategorien mit ihrer jeweiligen Bedeutung anhand der Anzahl registrierten Projekte. 60% der Projekte sind den drei Bereichen «Handel», «Leihen & Ausleihen» sowie «Anlegen» zuzuordnen. Ebenfalls ein besonderer Stellenwert hat die Kategorie «Stablecoins».

Eine kurze Einführung in Decentralized Finance (DeFi)
Abbildung: Kategorien von DeFi Anwendungen (Quelle: Kurt, L. & Kurt, D. (2022). Digitale Assets & Tokenisierung. Wiesbaden: Springer Gabler)

Quellen

Kurt, L. & Kurt, D. (2022). Digitale Assets & Tokenisierung. Wiesbaden: Springer Gabler

Coinbase. (6. Januar 2020). A Beginner’s Guide to Decentralized Finance (DeFi). Abgerufen von https://blog.coinbase.com/a-beginners-guide-to-decentralized-finance-defi-574c68ff43c4

DeFiprime.com. (17. September 2021). DeFi and Open Finance. Abgerufen von https://defiprime.com/

EthHub. (2021). Decentralized Finance. Abgerufen von https://docs.ethhub.io/built-on-ethereum/open-finance/what-is-open-finance/ World Bank. (2018). The Global Findex Database 2017: The Unbanked. Abgerufen von https://globalfindex.worldbank.org/sites/globalfindex/files/chapters/2017%20Findex%20full%20report_chapter2.pdf

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